Das Jahr 2014 ist zwar schon über fünf Monate alt, jedoch möchten wir trotzdem ein Blick auf das Jahr 2013 werfen, denn im Emsland und bei den emsländischen Nazis hat sich 2013 einiges getan. Dies ist ein Versuch eines Jahresrückblickes, mit dem wir näher auf die neonazistische Szene eingehen wollen. Neben dem NPD Unterbezirk Emsland/Grafschaft Bentheim soll auch ein besonderes Augenmerk auf die so genannten „Freien Kräfte“ gelegt werden. Bei diesem Jahresrückblick erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)
Landtagswahl 2013
Das Jahr 2013 fing aus neonazistischer Motivation mit einer NPD-Kundgebung zur Landtagswahl an. Neben vielen anderen Städten machte die NPD mit ihrem „Flaggschiff“ auch Halt in Lingen. Über 500 Menschen stellten sich dieser Kundgebung entgegen und verhinderten, dass die Kundgebung direkt auf dem Marktplatz stattfinden konnte.
Noch bevor die Kundgebung am Rande des Marktplatzes stattfinden konnte, griffen drei Mitglieder des NPD-Ordnerdienstes –Sebastian Schmidtke (Berlin), Christian Fischer (Vechta) und Martin Götze (Lübtheen)- Gegendemonstrant_innen mit mitgeführten Regenschirmen an. Eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung gegen Schmidtke wurde nach einigen Monaten gegen eine Geldauflage eingestellt.
Auch einige Neonazis aus dem südlichen Emsland nahmen an dieser Kundgebung teil: Michael Himmel, Moritz Haim, Jürgen Hinze, Andre Lüken (alle Lingen), Tobias Richter (Haselünne), Thorsten Biernat (Geeste) sowie eine weitere Person. Andreas und Stefanie Frese (beide Emsbüren) standen abseits der Kundgebung.
Insgesamt gab es zur Landtagswahl 2013 jedoch keinen weiteren Wahlkampf des NPD Unterbezirks Emsland/Grafschaft Bentheim.
Unbekannt, Michael Himmel, Thorsten Biernat, Moritz Haim (Bildquelle: indymedia.linksunten)
Jürgen Hinze, Tobias Richter, Andre Lüken (Bildquelle: indymedia.linksunten)
Bundestagswahl 2013
Ein wenig anders sah dies jedoch bei der Bundestagswahl im September 2013 aus. Tobias Richter (Haselünne) und Albert Wille (Ostfriesland) stellten sich sogar als Direktkandidaten für die Wahlkreise 31 (Mittelems) und 25 (Unterems) auf. So gab es massive Plakatierungen von NPD-Plakaten in und um Haselünne und Meppen sowie Umgebung. Auch nach Entfernung der Naziplakate wurden diese schnell erneuert. Nach Lingen trauten die Nazis sich seltener und hängten dort auch nur wenige Plakate auf. Im nördlichen Emsland (Wahlkreis 25) sowie in der kompletten Grafschaft Bentheim, die Teil des Wahlkreises 31 ist, gab es überhaupt keinen Wahlkampf der NPD.
Wahlplakat, extra für die Bundestagswahl hergestellt (Bildquelle: naziseite)
An den Plakatierungen beteiligten sich u.a. die Neonazis Tobias Richter, Lars Kaiser, Mario Seefeld (alle Haselünne) sowie Moritz Haim (Lingen). Beim Flyer Verteilen in Lingen half u.a. auch Tobias Pleus (Lingen).
Tobias Pleus und Moritz Haim beim Verteilen von NPD-Flyern in Lingen (Bildquelle: facebook)
Der ganze Wahlkampf hat jedoch nicht viel genützt. Regional fuhr die NPD ein schlechtes Ergebnis ein.
Die “Freien Kräfte”
Aktions-Gemeinschaft Emsland
Header der “Aktions-Gemeinschaft Emsland”(Bildquelle: facebook)
Im Januar 2013 tauchte zum ersten Mal die Gruppe “Aktions-Gemeinschaft Emsland” im sozialen Netzwerk facebook auf. Diese Gruppe versuchte die verschiedenen Nazis von Lingen über Meppen bis nach Papenburg zu koordinieren. Gemeinsam wurde zu verschiedenen Naziaufmärschen “mobilisiert”. So wurde z.B. an der Aktion der Neonazis “Da ist was unterwegs” zur Mobilisierung nach Bad Nenndorf mitgemacht. Hierbei verschicken die Nazis ein Transparent auf dem “Achtung! Britisches Folterlager Bad Nenndorf” steht, mit welchem diese sich ablichten lassen sollen. Hierfür trafen sich Nazis aus Papenburg, Meppen und Lingen am Hanekenfähr in Lingen. An der Aktion beteiligte sich u.a. der Lingener Neonazi Peter Köhler, der als Anführer der ehemaligen „Kameradschaft Emsland“ galt. Weiterhin waren Andre Lüken (Lingen), Jörg Schikora (Meppen), Yannick Brink, Fabian Niggemann (beide Papenburg), Andreas Meyer sowie eine unbekannte Person beteiligt.
Peter Köhler (Lingen), Jörg Schikora (Meppen), Yannick Brink (Papenburg), Unbekannt, Andreas Meyer, Andre Lüken (Lingen), Fabian Niggemann (Papenburg) (Bildquelle: naziseite)
Freie Kräfte Papenburg
Header der “Freien Kräfte Papenburg” (Bildquelle: facebook)
Nachdem die “Aktions-Gemeinschaft Emsland” zwei Mal bei facebook gelöscht wurde, entstand prompt eine neue emsländische Nazigruppe, die sich bei facebook “Freie Kräfte Papenburg” nannte. Bis auf den Namen hat sich jedoch hier nichts geändert. Die gleichen „Nachrichten“ und Kommentare wurden weiter verbreitet. Nachdem auch diese Gruppe zwei Mal das virtuelle Walhalla sah, kam es bislang zu keiner neuen Seite im sozialen Netzwerk. Diese Seite wurde auch dazu genutzt, um zu Naziaufmärschen zu mobilisieren, z.B. nach Hamm, Wuppertal oder Dortmund.
Am neunten November 2013 behaupteten die “Freien Kräfte Papenburg” eine Gedenkveranstaltung für “die Mauertoten” in der DDR gemacht zu haben. Danach gingen einige Nazis aus dem Emsland sowie aus Ostfriesland in den “Rockpalast” Meppen und stellten dies als Heldentat dar, da der Rockpalast seit Jahren eher als alternativ einzuschätzen sei. Allerdings kommt es immer mal wieder vor, dass auch Nazis den Rockpalast besuchen und deswegen leider nicht immer Stress bekommen.
Nazis aus Ostfriesland und dem Emsland am 09.11.2013 gemeinsam im Rockpalast (Bildquelle: facebook)
Im Dezember riefen die “Freien Kräfte Papenburg” dazu auf, eine Demonstration gegen einen Überwachungsstaat in Lingen zu besuchen. Nach eigenen Angaben sollen sogar Nazis da gewesen, jedoch von der Polizei abgewiesen worden sein. Als Beleg veröffentlichten die Nazis ein paar schlechte Bilder aus 50 Metern Entfernung, auf denen jedoch nichts zu erkennen war. Herzlichen Glückwunsch.
Wahlboykott Emsland
Header der Facebook-Seite “Wahlboykott Emsland” (Bildquelle: facebook)
Während des Bundestagswahlkampfes 2013 machte eine neue facebook-Seite die Runde, die sich “Wahlboykott Emsland” nannte. Nazis aus dem nördlichen Emsland erstellten die Seite, um, wie sie selber schrieben aktiven Wahlboykott “(auch) im schönen Emsland” zu betreiben. Im Grunde hieß das nur, die eigenen Sachbeschädigungen an Wahlplakaten zu glorifizieren. Nicht einmal die angetretene NPD schien für die Nazis eine Alternative zu sein, denn “Keine Stimme für Volksverräter – Das Emsland wählt ungültig” lautete deren Agenda. Ganz schön rebellisch.
Besuchte Naziaufmärsche 2013
Im letzten Jahr waren die Nazis ziemlich reisefreudig. An mindestens zehn Aufmärschen nahmen emsländische Neonazis teil. Um einen genaueren Einblick zu erhalten, soll hier die Teilnahme an den einzelnen Aufmärschen durch Bilder belegt werden.
12.01.2013, Magdeburg: Am 12.01.2013 nahmen die Neonazis Jörg Schikora sowie Fabian Niggemann an dem geschichtsrevisionistischem Aufmarsch in Magdeburg teil. Gemeinsam mit niederländischen Neonazis bildeten sie eine Reisegruppe. In Magdeburg selber hielten sie ein Transparent mit der Aufschrift “Magdeburg ‘45 unvergessen”.
Jörg Schikora und Fabian Niggemann (Bildquelle: lfa)
09.03.2013, Soest: Nach Soest reisten am 09.03.2013 die beiden papenburger Nazis Yannick Brink und Fabian Niggemann. Hier durften sie teilweise das Fronttransparent halten.
Yannick Brink und Fabian Niggemann (Bildquelle: lfa)
23.03.2013, Kirchweyhe: Anlässlich des in Kirchweyhe zu Tode gekommenen Daniel S., nahmen Nazis dieses zum Anlass, diesen Vorfall rassistisch zu instrumentalisieren. Neben vielen anderen Neonazis nahmen auch die beiden emsländischen Neonazis Jörg Schikora und Fabian Niggemann an dem Aufmarsch teil.
Im Vordergrund: Fabian Niggemann, links dahinter, kaum zu erkennen: Jörg Schikora (Bildquelle: recherche nord)
01.05.2013, Dortmund: Vier Nazis aus dem Emsland nahmen den ersten Mai zum Anlass in Dortmund mit zu marschieren: Jörg Schikora, Andreas Meyer, Fabian Niggemann und Sebastian Tietjen (Papenburg). Es reichte sogar für die Nazis dazu, Fahnen oder Transparente zu tragen. An diesem Tag kamen auch zum ersten Mal die eigens angeschaften schwarzen “Emsland”-Fahnen zum Einsatz. Wow.
Jörg Schikora, Andreas Meyer und Sebastian Tietjen (Bildquelle: lfa)
Fabian Niggemann (Bildquelle: lfa)
11.05.2013, Kirchweyhe: Erneut wurde in Kirchweyhe aufmarschiert. Vier Nazis aus dem Emsland waren dabei: Jörg Schikora, Andreas Meyer, Andre Lüken sowie Fabian Niggemann. Um das Auto vollzubekommen, durfte auch noch ein Nazi aus Ostfriesland mitfahren und sogar eine Fahne aus dem Emsland tragen. Welch‘ Ehre. Fabian Niggemann bekam ein Megaphon in die Hand gedrückt und durfte die Parolen vorschreien, die seine KameradInnen eifrig nachbrüllten.
Jörg Schikora, Andre Lüken und Andreas Meyer (Bildquelle: lfa)
Fabian Niggemann am rumbrüllen (Bildquelle: lfa)
01.06.2013, Wolfsburg: Zum so genannten “Tag der deutschen Zukunft” reiste eine Reisegruppe von vier Personen nach Wolfsburg: Jörg Schikora, Fabian Niggemann, Andreas Meyer, erneut mit ostfriesischer Unterstützung.
Fabian Niggemann (Bildquelle: lfa)
Jörg Schikora und Andreas Meyer (Bildquelle: lfa)
13.07.2013, Dortmund: Zum Naziaufmarsch nach Dortmund reiste Jörg Schikora ganz alleine.
Jörg Schikora (Bildquelle: lfa)
19.07.2013, Unna: Auch am 19.07.2013 wollte wohl niemand mit Jörg Schikora nach Unna reisen.
Jörg Schikora (Bildquelle: lfa)
20.07.2013, Hamm: Und nach Hamm wollte dann wohl Jörg Schikora nicht, sodass nur Fabian Niggemann aus dem Emsland vertreten war.
Fabian Niggemann (Bildquelle: lfa)
03.08.2013, Bad Nenndorf: Ganze sieben Leute posierten für ein Mobilisierungsfoto für Bad Nenndorf. Hingefahren sind dann doch lediglich nur Andre Lüken, Andreas Meyer und Jörg Schikora. Und dann wurden sie auch noch von Antifaschist_innen blockiert. Sowas blödes aber auch.
Andre Lüken und Andreas Meyer (Bildquelle: böseraltermann)
Jörg Schikora (Bildquelle: böseraltermann)
23.11.2013, Remagen: Auch in Remagen waren emsländische Nazis. Jedoch fehlen hier Bilder. Schade.
Wirklich ganz kurze Portraits der Neonazis, die im letzten Jahr an Naziaufmärschen teilgenommen haben
Fabian Niggemann
Auffällig ist, dass bei vielen Aufmärschen der 20-jährige Neonazi Fabian Niggemann aus Papenburg dabei war. Niggemann ist nicht erst seit dem letzten Jahr äußerst umtriebig, sondern bereits seit spätestens Ende 2010 regelmäßig auf Naziaufmärschen anzutreffen. Hierbei übernimmt er teilweise den Ordnerdienst (z.B. am 24.11.2012 in Remagen) oder den Dienst als “Demosanitäter” (z.B. am 18.08.2013 in Koblenz). Für die “Freien Kräfte Papenburg” schien er eine Art “Aushängeschild” zu sein, da er u.a. für Mobilisierungsfotos für Naziaufmärsche poste. Da Niggemann eigentlich aus Dülmen kommt, eine Zeit lang in Ostfriesland gewohnt hat und nun in Papenburg wohnt, hat er gute Verbindungen in die NRW-Naziszene, sowie nach Ostfriesland.
Jörg Schikora
Jörg Schikora kommt gebürtig aus Rostock, ist allerdings bereits vor einigen Jahren nach Meppen gezogen. Der 28-jährige Schikora nimmt erst seit Anfang 2013 regelmäßig an Naziaufmärschen teil. Im Februar 2013 wurde Schikora vom Amtsgericht Meppen wegen Körperverletzung verurteilt, da er im und vor dem Rockpalast in Meppen gewalttätig wurde. Bereits in Rostock wurde er 2008 auf Grund von Körperverletzung verurteilt.
Andreas Meyer
Auch Andreas Meyer nimmt erst seit dem letzten Jahr regelmäßig an Naziaufmärschen teil. Meyer würde von sich selber behaupten ein Skinhead zu sein. Vor einigen Jahren war Meyer noch öfter mit nicht politischen Skinheads oder Punker_innen unterwegs, was sich allerdings schnell änderte. Bei Meyer ist es leider zurzeit nicht ganz klar, ob er noch in Ostfriesland wohnt oder aber schon im Emsland. Die Kontakte zu den emsländischen Neonazis bestehen aber schon seit Jahren und somit kann Meyer durchaus zur emsländischen Naziszene dazugerechnet werden.
Andre Lüken
Auch der 32-jährige Andre Lüken aus Lingen würde von sich selber behaupten, Skinhead zu sein. Er gilt als äußerst gewaltbereit und saß auch schon mehrfach wegen Körperverletzungen im Knast. Nachdem er das letzte Mal im Gefängnis saß, trennte er sich von seiner damaligen Freundin und zog von Nordhorn erneut nach Lingen zurück.
Yannick Brink & Sebastian Tietjen
Der 21-jährige Sebastian Tietjen (Papenburg) ist bislang nur durch die Teilnahme am Naziaufmarsch am 01.05.2013 in Dortmund in Erscheinung getreten. Der 19-jährige Yannick Brink hingegen nahm am 09.03.2013 beim Naziaufmarsch in Soest teil und machte bei der Mobilisierung nach Bad Nenndorf mit.
Was war sonst? …in aller Kürze
Konzert in Groß Berßen
Für eine große mediale Aufmerksamkeit sorgte im letzten Jahr am 10. Oktober ein Konzert des Landser-Sängers Michael “Lunikoff” Regener. Zusammen mit dem Liedermacher “Lokis Horden” gaben beide ein Konzert im emsländischen Groß Berßen. Neben Nazis aus dem Emsland, fanden auch Nazis aus der Grafschaft Bentheim, Osnabrück, Vechta, Oldenburg, Minden, Leipzig sowie den Niederlanden den Weg in die Gaststätte „ Zur Singende Wirtin“. Eine Bildergalerie dazu findet sich auf der Seite von recherche nord.
Zuzug von Neonazis
2013 sind mindestens zwei gut vernetzte Nazis ins Emsland gezogen.
So hatte z.B. Lukas Bals einen kurzen Gastauftritt im Emsland. Bals war u.a. Konzertteilnehmer am 10.10.2013 in Groß Berßen. Weiterhin pöbelte er des Öfteren in der Meppener Innenstadt Antifaschist_innen an. Sofort fand er direkten Kontakt zu regionalen Neonazis. Mittlerweile ist Bals allerdings wieder verzogen und wohnt jetzt in Dortmund.
Des Weiteren ist die aus Hamm kommende Angela Goltz ins emsländische Lingen gezogen und versucht ihr Glück mit Jörg Schikora. Goltz gehörte zur mittlerweile verbotenen “Kameradschaft Hamm”.
Giese-Prozess
Zu dem Prozess gegen Giese befinden sich hier Texte zu den einzelnen Verfahren:
– vorm Amtsgericht Meppen
– vorm Landgericht Osnabrück
Mittlerweile hat das Oberlandgericht Oldenburg dem Urteil aus Osnabrück zugestimmt.
Und 2014?
Auch im Jahr 2014 war schon wieder ein Bisschen was los.
Bereits am 08.03.2014 soll die Naziband Sleipnir in Groß Berßen aufgetreten sein. Ebenfalls hat in Groß Berßen am 30.03.2014 der Landesparteitag der NPD-Niedersachsen stattgefunden. Eine Bildergalerie findet sich auf recherche nord.
Ein Wahlkampf der NPD fand im Emsland zur Europawahl kaum statt. Auch die Wähler_innenstimmen sprechen keine gute Sprache für die Nazis.
Ebenfalls waren die so genannten “Freien Kräfte” unterwegs. Am 18.01.2014 war z.B. Fabian Niggemann mit zwei Nazis aus Ostfriesland in Magdeburg. Am 01.05.2014 waren Fabian Niggemann und Jörg Schikora in Dortmund anzutreffen. Auch Andreas Meyer und einige Ostfriesen waren anwesend. Auch beim so genannten “Tag der deutschen Zukunft” am 07.06.2014 in Dresden waren diese drei Nazis anzutreffen.
Muffrika, Juni 2014